Arktische Nacht – alles schläft – niemand wacht?
Pfeddersheimer Polareisforscher referiert beim Orden der Freunde des Pfeddersheimer Weins e.V.
Man könnte denken, dass sich die Gäste im Pfeddersheimer Sängerheim angesichts der hochsommerlichen Temperaturen mit dem „eisigen Thema“ etwas Abkühlung versprochen hätten, denn der Vorsitzende des Weinordens Günter Bleise konnte im nahezu vollbesetzten Sängerheim zahlreiche Gäste und selbstverständlich den echten „Pedderschmer Bub“, seines Zeichens Meeresbiologe und Polareisforscher Prof. Dr. Rolf Gradinger begrüßen. Der Referent ist Autor verschiedener Polareispublikationen, lebt heute in Tromsö (Norwegen) und ist an der dortigen Universität als Professor tätig. Er war Organisator und Teilnehmer an verschiedenen Polarexpeditionen u. a. auf dem deutschen Forschungsschiff „Polarstern“. Die Gäste erfuhren nun im Verlaufe des Abends quasi aus erster Hand viele Details aus der interessanten Tätigkeit des Meeresbiologen und Polareisforschers. Er zeigte traumhafte Bilder von den Eislandschaften in Spitzbergen und der kanadischen Arktis, über die Tierwelt mit ihren Eisbären, den Polarfüchsen und Rentieren. Die Teilnehmer lauschten gebannt den Ausführungen des Referenten über seine verschiedenen Forschungsexpeditionen, die ihn jeweils für zwischen 3 Wochen und 3 Monaten in die Polarregionen führten. In leichtverständlicher Weise informierte er sehr anschaulich und mit viel Herzblut über die Arbeiten, die bei Polarexpeditionen anfallen. Er schilderte sowohl die Arbeiten der Polarforscher beim Einsammeln von Eisproben, Tieren und Pflanzen, vom Sammeln von Wetterdaten, dem Einsatz von Unterwasserrobotern und den anstrengenden Tätigkeiten der Eistaucher im glasklaren Polarwasser bei minus 2 Grad. Selbst im gefrorenen Eis leben Pflanzen und Tiere. Aber auch Gefahren, die im Eis ständig lauern, nämlich durch Eisbären, dünnes Eis oder Erfrierungen bei der extremen Kälte von teilweise minus 30 Grad wurden anschaulich dargestellt. Die Forschungen werden weitgehend im Sommer durchgeführt, erst in neuerer Zeit sollen Forschungsexpeditionen mit einem enormen Aufwand zwecks besserer Datenerschließung auch im Winter stattfinden. Auf den Expeditionsschiffen ist für Luxus kein Platz. Es teilen sich 2 Expeditionsteilnehmer eine Kabine mit Dusche und WC, die gesamte Ausrüstung muss mitgenommen werden, es kann nirgendwo etwas gekauft oder besorgt werden. Die Rettungskleidung, die im Einsatz immer angelegt werden muss ist äußerst unbequem, aber lebensnotwendig.
Sehr anschaulich erschienen auch die Bilder über die Nahrungsketten, angefangen von Algen, über Kleinstlebewesen, Krabben, Fischen, Vögel, Robben, Walen und Eisbären. Auch stellte der Referent sehr deutlich den dramatischen Rückgang des Alt -Eises im arktischen Bereich und dem damit verbundenen arktischen Wandel dar. Es werden einige Tierarten aussterben, die Fang- und Fischereizonen werden sich von Norwegen nach Russland verschieben, die Ureinwohner (Inuit) verlieren ihre Lebensgrundlage. Auch veranschaulichte der Referent die Notwendigkeit solcher Expeditionen, aber auch die enormen Kosten, die eine Forschungsreise mit sich bringt. Die Polarnacht erstreckt sich am Nordpol fast über ein halbes Jahr, vom 21.09. bis 21.03., in Tromsö z B. vom 21.11- bis 20.01. Wie lebt es sich eigentlich in der Polarnacht? Beeindruckende Bilder über die Landschaft in der Polarnacht, Erwachsene und Kinder mit Kopflampen, Schulkinder im Schnee und Bilder vom hellen Mond und grünen Nordlichtern rundeten den Vortrag ab. Die Helligkeit des Mondes ist für die Menschen sehr wichtig, denn man kann in hellen Mondnächten die Umgebung auch ohne Kopflampen sehr gut erkennen. Auch ruhen in der Polarnacht nicht alle Tiere, Rentiere aber auch Elche sind immer präsent. Von Januar bis März erstreckt sich die Zeit der Dorschfischerei, in den Fyorden tummeln sich manchmal Buckelwale und Orcas.
Der Referent freute sich nun sichtlich über die Reaktionen des Publikums und dessen Applaus, aber auch über das von Günter Bleise überreichte Weinpräsent, in dem natürlich eine Flasche Eiswein nicht fehlen durfte.
Peter Behringer