47. Weinordensfest : Das Wormser Konkordat 1122

Das 47. Ordensfest des Weinordens Pfeddersheim thematisiert die Geschehnisse rund um das Wormser Konkor dat im Jahre 1122

Wieder einmal steht ein Ordensfestthema im Zeichen eines für die alte Bischofsstadt Worms bedeutenden Ereignisses vor 900 Jahren, nämlich dem Wormser Konkordat. Dieses Ereignis ist mit Worms untrennbar verbunden und markiert die zentrale Bedeutung der Bischofsstadt als eines der Zentren des Reiches. Der dem Wormser Konkordat vorausgehende Investiturstreit ist für Historiker eines der schwierigsten und komplexesten Themen des damaligen Hochmittelalters. Zur Ergänzung und Auflockerung dieser Art von Erwachsenenbildung hat der Weinorden es sich zur Aufgabe gemacht, über die Herkunft und Einflussbereiche der Unterzeichner der beiden Konkordatsurkunden zu recherchieren, um dann aus diesem Kontext heraus eine Weinprobe zu generieren.
Mit einem herzlichen „Vivat Paterna – Vivat Vinum“, dem traditionellen Gruß des Pfeddersheimer Weinordens konnte Vorsitzender Werner Gradinger über 80 Ordensmitglieder und Gäste, das Pfeddersheimer Traditionspaar Jeanette Goldschmidt und Felix Fernow, Ehrenmitglied Felix Zillien, sowie den Vorsitzenden des Gesangvereins 1845, Bernhard Steinke, beim 47. Ordensfest im Sängerheim begrüßen.

Ein herzliches Willkommen erging auch an die beiden Referenten des heutigen Abends, Historiker Dr. Daniel Nagel vom Altertumsverein Worms sowie Vorstandsmitglied und Sommelier Thomas Peters.

Große Beachtung fand auch die vom Briefmarkensammlerverein Worms kostenlos zur Verfügung gestellte Konkordatsausstellung.

Wie schon eingangs erwähnt bezog sich das Thema dieses Ordensfestes auf Weine aus den Einflussbereichen der Unterzeichner der Konkordatsurkunden, die Thomas Peters nach den Grußworten des Pfeddersheimer Traditionspaares mit seinem fundierten Fachwissen gekonnt vorstellte.

Nach dem Begrüßungssekt von der Goldhand Sektkellerei Mainz (Urkundenunterzeichner Erzbischof Adalbert von Mainz), bezog sich das erste Probenpaar ein 2021er Müller-Thurgau aus der Spitalkellerei Konstanz sowie ein 2021er Le Poggere EST! EST!! EST!!! aus der Azienda Vinicola Falesco auf die Unterzeichner Bischof Ulrich von Konstanz und Kardinalbischof Lambert von Ostia (Päpstlicher Legat). Die Spitalkellerei Konstanz ist seit 1225 die älteste noch existierende Spitalkellerei in Deutschland.Thomas Peters schmückte seine Ausführungen mit zahlreichen Geschichten und Anekdoten. Nach der Degustation der nächste Paarprobe bezüglich der Unterzeichner Kaiser Heinrich V. (2021er Domwein Edition Weißburgunder vom Winzerverein Deidesheim) sowie Erzbischof Bruno von Trier (2021er DOM-Elbling trocken, Bischöfliche Weingüter Trier), übergab Thomas Peters das Mikrofon an Dr. Daniel Nagel.

Der Referent lieferte in aller Kürze einen Abriss, wie Deutschland damals aussah. Er erläuterte dem interessierten Publikum viel Wissenswertes über die Nachfolgereiche auf dem Boden des untergegangenen antiken römischen Reiches, von denen das Frankenreich mit Karl dem Großen für das aktuelle Thema am wichtigsten ist. Es umfasst das heutige Frankreich, die alte BRD, Teile Österreichs, die Benelux-Staaten, die Schweiz und später Nord- und Mittelitalien. Mit einigen Zwischenstufen entstanden in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts das heutige Frankreich, das Ostfrankenreich (heutiges Deutschland) sowie zwei später vereinigte burgundische Reiche sowie das Königreich Italien. Als der sächsische König Otto der Große dem in Bedrängnis geratenen Papst zu Hilfe eilte und den italienischen König Berengar II. besiegte, ließ dieser sich 962 vom Papst zum Kaiser salben und krönen. Damit beginnt die Geschichte der Verbindung der Ostfranken, aus denen später Deutsche werden sollten, mit der Idee des römischen Kaisertums. Aber die Kaiser und Könige verfügten über keine Hauptstadt, sie konnten nur persönlich Herrschaft ausüben, sie mussten deshalb im ganzen Reich umherreisen. Sie waren Nomaden auf dem Kaiserthron! Als Ressourcen standen ihnen Königsgüter (Pfalzen), Klöster und Bistümer zur Verfügung. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Könige und Kaiser höchstes Interesse an der Besetzung der Bischofsämter hatten, vor allem deshalb, weil die Regalien auf Grund des Zölibats nach dem Tode an den Herrscher zurückfielen. Nun vertrat der 1073 gewählte Papst Gregor VII. die radikale These
einer Vorrangstellung der geistlichen über die weltliche Gewalt, sodass er sogar das Recht beanspruchte, Kaiser abzusetzen. Im Verlauf der nächsten 3 Jahre eskalierte der Streit mit Heinrich IV. und Gregor VII. mit der Exkommunikation und Absetzung von König Heinrich IV., die wiederum nach seinem berühmten „Gang nach Canossa“ rückgängig gemacht wurden. Aber nur seinem Sohn Heinrich V. sollte es gelingen, den Investiturstreit zu beenden. Nach Druck des Würzburger Fürstenausschusses 1121 kam es am 23. September 1122 zwischen zwei päpstlichen Gesandten von Papst Calixt II. und dem Kaiser mit den weltlichen Großen auf den rechtsrheinischen Lobwiesen in Worms zu einer Einigung. Der Kaiser verzichtet auf die Investur mit
Ring und Stab und garantierte die kanonische Wahl und Weihe. Der Papst gestattet ihm die Anwesenheit bei Bischofswahlen in Deutschland, aber ohne Einflussnahme durch Geld oder Gewalt. Der Gewählte sollte die Regalien durch das Zepter erhalten und dem Kaiser leisten, was er ihm schulde.
Mit der Unterzeichnung der Urkunden fand ein seit Jahrzehnten aufwühlender Konflikt eine Lösung – mit nachhaltigen Folgen für das Verhältnis von König – und Reichsherrschaft (also politischer Macht) zum einen und der Stellung der Kirche unter dem verstärkt betonten päpstlichen Primat andererseits.
Die folgenden Weinproben bezogen sich auf Herzog Friedrich von Schwaben (2020er Felix Lemberger trocken, Weingut Wachtstetter Pfaffenhofen), Pfalzgraf Gottfried von Calw (2019er Lemberger trocken, Weingut Sonnenhof Vaihingen-Gündelbach), Erzbischof Friedrich von Köln (2018er Legere Cuve, Weingut Deutzer Hof, Mayschoss Ahr), sowie auf Berengar von Sulzbach (Schlehengeist, Edelbrände
Ostermann, Sulzbach-Rosenberg).
Während der Pause zwischen den Referaten wurde ein der damaligen Zeit entsprechendes Tellergericht nebst einem 2021er trockenen Silvaner Tischwein vom Weingut Goldschmidt aus Pfeddersheim serviert.
Nach großem Applaus dankte Werner Gradinger beiden Referenten und verabschiedete diese mit einem Weinpräsent, um dann die Gäste auf anstehende
Ehrungen und Aufnahmen von neuen Ordensmitgliedern einzustimmen.
In der nun folgenden Zeremonie der Neuaufnahmen stellten sich die 6 Anwärter Matthias Eichhorn, Felix Fernow, Heinz Dieter Keller, Jürgen Pfitzner, Jürgen Schärf und Marco Schreiber persönlich vor, um dann gemeinsam das Ordensgelöbnis zu sprechen. Nach Überreichung der Aufnahmeurkunde, dem Ordenssymbol – einen Weinbecher an einem grün-weiß-roten Band und dem obligatorischen Schlag mit dem Wingertsknorzen durch den Vorsitzenden Werner Gradinger, sind diese nun offiziell in den Weinorden aufgenommen.
Mit der Überreichung der Jubiläumsurkunde und einem Weinpräsent wurden folgende Ordensmitglieder geehrt: Lothar Knab für 45.-jährige Mitgliedschaft, Wolf-Dietrich Weber für 40.-jährige Mitgliedschaft, Wolfgang Hasch, Gerhard Harnisch und Otto Bohn für je 30.-jährige Mitgliedschaft. Leider konnten nur Otto Bohn und Wolfgang Hasch ihre Urkunden persönlich in Empfang nehmen.
Am Schluss der Veranstaltung konnte sich Werner Gradinger nur noch bei allen Gästen, Helfern und Protagonisten, den beiden Referenten, den Verantwortlichen des Gesangvereins 1845 e.V., dem Briefmarkensammlerverein Worms, vor allem aber bei Vera Berdes für die tolle und speziell auf die im Kontext der Konkordatsgeschichte stehenden, sehr aufwendigen Dekoration, bedanken.

Peter Behringer