Eine Reise durch Lateinamerika

Erdteilweinprobe mit lateinamerikanischen Spitzenweinen
Juan Höfferle, Experte für südamerikanische Weine zu Gast beim Weinorden Pfeddersheim
Der Weinorden Pfeddersheim, der im nächsten Jahr sein fünfzigstes Jubiläum feiert, befasste sich anfänglich vor allem mit Weinen aus Pfeddersheim, Rheinhessen und der Pfalz. Aber im Laufe der Jahre erweiterte sich dessen Horizont weit darüber hinaus mit Weindegustationen aus weiteren deutschen – sowie europäischen Weinanbaugebieten, bis hin zur internationalen Weinprobe im BASF-Keller 2020, der argentinischen Weinprobe im Weingut Erbeldinger/Höfferle 2022 und jetzt zur aktuellen Erdteilweinprobe wieder mit Juan Höfferle.
Nach einer Gedenkminute im vollbesetzten evangelischen Gemeindehaus für das verstorbene Ordensmitglied und langjährigen Schatzmeisters, Norbert Barwich, konnte der Vorsitzende Werner Gradinger das Ehrenmitglied Felix Zillien, den ehemaligen Vorsitzenden Günter Bleise, die Gäste und selbstverständlich den Referenten Juan Höfferle mit einem herzlichen Vivat Paterna – Vivat Vinum begrüßen.
Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung nahm der Referent das interessierte Publikum mit auf seine Weinreise von Mexiko über Chile nach Argentinien.
J.M. Höfferle Int. Hdl. GmbH in Hamburg ist ein familiengeführtes Unternehmen mit über 40 Jahren Erfahrung und Tradition im Import und der Distribution südamerikanischer Weine und Spezialitäten in Deutschland.
Anfänglich belieferte man vor allem Steakhäuser mit argentinischen Weinen.
Nahezu alle Weingüter, die von der J.M. Höfferle GmbH vertreten werden sind Familienbetriebe, mit denen man auch persönliche Kontakte pflegt.
Juan Höfferle referierte nun im Anschluss über die Besonderheiten des Weinanbaus – und Herstellung in den genannten Ländern sowie den einzelnen Weingütern.
Der Weinbau in Mexiko und in ganz Amerika begann mit der Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert, die aus Europa Weinreben in das Gebiet des heutigen Mexiko brachten. Vor allem benötigte man die Trauben zur Herstellung von Messwein.
Normalerweise wäre es für den Weißweinanbau bei Temperaturen über 40 Grad zu heiß. Aber durch den kalten Pazifik bilden sich Nebel, der den Weinanbau mit seinem erfrischenden Effekt positiv beeinflusst. Das Tal ist windgeschützt, der steinige Boden ist sehr wasserdurchlässig.
Die Familie Cetto betreibt Weinbau seit 1924 mit mehreren Weingütern im Norden Mexikos.
Von insgesamt 2600 ha Weinlagen in Mexiko bestellt die Familie Cetto ca.1800 ha.
Der erste Wein, der zur Verkostung angeboten wurde, war ein fruchtiger 2021er Sauvignons Blanc aus dem genannten Weingut.
Die beiden folgenden Verkostungen beinhalteten Rotweine, nämlich ein 2020er Zinfandel sowie ein 2019er Petite Sirah, alle aus dem Weinanbaugebiet Valle Guadalupe – Baja California.
Der Zinfandel zeichnet sich durch seine burgunderrote Farbe sowie durch das Aroma nach roten Früchten, besonders Himbeeren, aus.
Der Petite Sirah ist ein trockener Rotwein mit ausgeprägtem Rubinrot, mit Aromen von Gewürzen und roten Früchten. Harmonisch und rund mit ausgewogenen, reifen Tanninen.
Die nun folgenden Weine stammten aus Chile, genauer aus den Weingütern Viejo Feo (Valle de Maule) sowie Casas del Bosque (Valle de Casablanca).
Von der Küste bis zu den Anden, die sich als schier unüberwindbare Grenze zwischen Chile und Argentinien massiv auftürmen, könnten Klima und Böden nicht unterschiedlicher sein. Das beste Beispiel ist da das Valle del Maule, das den Süden der übergeordneten Weinregion Valle Central prägt. An den markanten Küstenkordilleren, die mit ihren bis zu 1.000 Meter hohen Felsen eine eigene Gebirgskette bilden, findet man ganz andere Weinbaubedingungen als im heißen Tal in der Mitte des Gebiets oder an den windigen Andenausläufern.
Das Valle del Maule ist nicht nur das größte Weinanbaugebiet im Valle Central, sondern auch das älteste in Chile überhaupt. Bereits im 16. Jahrhundert pflanzten hier spanische Kolonisten die ersten Reben in die schwere Erde am Río Maule, dem Fluss, der dem Gebiet seinen Namen gab. Damals war es vor allem die rote Rebsorte País, die es zu echtem Ruhm schaffte.
Auch der rote Carmenere Reserva aus dem Weingut Viejo Feo, das rund 50 ha Weinbau im Valle de Casablanca betreibt, kann sich sehen, bzw. trinken lassen. Der Carmenere stammt ursprünglich aus Frankreich, es gab lange Zeit Probleme mit dem Anbau.
Der Referent bescheinigte dem 2021er Reserva eine Pfeffernote mit 13,5 % Alkohol, passend für Pizza, Aufschnitt und Käse. Verwundert zeigten sich die Teilnehmenden über die Aussage, dass die Winzer durch Reduktion der Weintrauben selbst bestimmen könnten, wann ihr Wein das Prädikat „Reserva“ tragen darf. Es müsse aber bei der Weinbaubehörde nachgewiesen werden.
Aus dem Weingut Casas del Bosque, das seit 2001 ca. 30 ha Rebfläche bearbeitet, stammt ein 2022er Sauvignon Blanc, mit 13,5 Volumenprozenten und Aromen von grüner Paprika und Litschi.
Die vielen Windräder im Valle de Casablanca sorgen nicht nur für Strom, sondern auch für eine gute Vermengung der kalten Winde vom Meer mit der warmen Luft in der eigentlichen Kaltzone Valle de Casablanca, in der sehr hochwertige Rebsorten gedeihen können.
Der Rotwein aus diesem Weingut, ein trockener 2020er Carmenere Reserva, passt ausgezeichnet zu gegrilltem Fisch und Fleisch.
Nach einer kurzen Pause gelangte der Referent nun zum dritten Teil der Veranstaltung, nämlich der Degustation von Weinen aus Argentinien, dessen globale Lage mit den Weinanbaugebieten mittels einer großen Landkarte den Teilnehmenden, wie auch schon vorher mit Mexiko und Chile geschehen, umfassend veranschaulicht wurde.
Unter den argentinischen Weißweinen finden wir eine in der Welt einzigartige Traube: Torrontés, gefolgt von Chardonnay, Sauvignon Blanc und Semillón.
Verkostet wurde nun ein 2021er Torrontés von 12 Jahre alten Weinbergen im Hochland von Cafayate Valley Salta, 1.850m ü.d.M, vom Weingut Finca Las Nubes. Ein gelber Weißwein mit grünlichen Tönen, frisch, sehr fruchtig und duftend. Noten von Zitrusfrüchten, Blumen und weißem Pfirsich.
Das Weingut bewirtschaftet etwa 8 ha Rebfläche bis ca. 3.000 m Höhe. Das Publikum erfährt, dass sämtliche Kulturpflanzen bewässert werden müssen. Dies geschieht über eine Wasserverteilung aus Stauseen, die wiederum vom
Schmelzwasser der Anden gefüllt werden. Der Boden ist sehr steinig und mineralisch, was sich auch im Aroma der Weine niederschlägt.
Die folgende Verkostung beinhaltete einen 2021er „Edicion Especial“ Malbec vom Weingut Finca Gabriel, San Rafael – im zentralen Süden der Provinz Mendoza.
Offiziell kam Malbec 1853 ins Land. Argentinien war zu dieser Zeit politisch und wirtschaftlich weitgehend isoliert. Man suchte deshalb nach Wegen, die eigene Weinindustrie zu fördern und gründete die Weinbauschule Quinta Normal Agronómica de Mendoza nach französischem Vorbild. Domingo Faustino Sarmiento, später erst zum Gouverneur der Weinregion Cuyo und anschließend zum Präsidenten von Argentinien gewählt, hatte daran entscheidenden Anteil. Er beauftragte den Franzosen Michel Aimé Pouget, die Rebsorte Malbec in Argentinien einzuführen – und legte damit den Grundstein für den fulminanten Aufstieg dieser Sorte. Der Gründungstag der Weinbauschule in Mendoza wird noch heute gefeiert – es ist der 17. April.
Malbec, ursprünglich aus dem Bordeaux stammend, wo er heute kaum noch eine Rolle spielt, findet in Argentinien seine wahre Heimat. Die Sorte liebt das warme, trockene Andenklima mit reichlich Sonne und wenig Niederschlag, in dem die Beeren vollständig ausreifen und ihr ganzes Aromen-Potenzial entfalten können.
Mehr noch: Dank Malbec kann Argentinien sich international als Weinland für Premium-Weine positionieren.
Mit 44.000 Hektar (2019) ist Malbec die am häufigsten angebaute Rebsorte in Argentinien, das entspricht knapp einem Fünftel der Gesamtrebfläche des Landes.
Auch der letzte verkostete Rotwein, ein 2016er Malbec aus dem Weingut Malma Finca La Papay, Patagonien – Mendoza, konnte sich sehen bzw. schmecken lassen.
Patagonien liegt sowohl in Argentinien als auch in Chile, aber in keinem der beiden Länder ist es eine offizielle Region.
Auf dem südamerikanischen Kontinent ist Patagonien das südlichste Weinbaugebiet. Zwar erstreckt sich Argentinien noch deutlich weiter nach Süden, doch in Patagonien befinden sich die südlichsten Weingärten des Landes. Oftmals wird Patagonien gar nicht mit dem Weinbau in Verbindung gebracht, sondern eher mit Wüsten, Kakteen und Dinosauriern, doch das riesige Gebiet (etwa doppelt so groß wie Kalifornien), eignet sich in einigen Bereichen hervorragend für den Weinbau.
Die Rebfläche in Patagonien umfasst gut 3.500 Hektar, wächst aber stetig. Seit dem Jahr 2000 ist die Rebfläche in diesem Teil Argentiniens um mehr als 30% gewachsen. Die Rebstöcke gedeihen hier in einer Höhe von durchschnittlich 200-300 Metern über dem Meeresspiegel. Das Klima ist mild und warm mit kühlen Nächten. Die Sommer sind sehr lang, sodass die Trauben in der Regel ungestört ausreifen können. Es gibt rund ums Jahr kräftige Winde „La Zonda“, die dazu beitragen, dass es wenig Pilzerkrankungen und Schimmel in den Weingärten gibt.
Bleibt die Frage, was die Winzer am liebsten zu Malbec genießen? Die Antwort ist vorhersehbar – und einstimmig: Natürlich Fleisch! Am besten ganz klassisch vom Parilla, der argentinischen Variante des Grills. Die dunklen, üppigen Fruchtnoten des Weines, gepaart mit Würze und Kraft, passen einfach perfekt zu Steak und Co.
Abschließende Dankesworte für die gelungene Weinreise richtete Werner Gradinger nun an alle Protagonisten und Helfer, die sich für die Gestaltung und Abwicklung dieser Veranstaltung verdient gemacht hatten, vor allem aber an Juan Höfferle mit der Aussicht auf eine weitere Erdteilweinprobe, sehr wahrscheinlich mit Weinen aus Südafrika.
Peter Behringer