„Kant und der Wein“ mit Themenweinprobe zum „Gemischten Satz“ 8.3.2025

Weinkolleg des Weinorden Pfeddersheim befasst sich mit der Weinphilosophie von Immanuel Kant
„Kant und der Wein“ mit Themenweinprobe zum „Gemischten Satz“
Von Peter Behringer
Bei diesem besonderen Weinkolleg konnte der Vorsitzende des Weinordens Pfeddersheim, Werner Gradinger, im Sängerheim ca. 40 Gäste, seinen Vorgänger Günter Bleise sowie Weinfreund und Vorsitzender des Gesangvereins, Bernhard Steinke, mit einem herzlichen „Vivat Paterna – Vivat Vinum“, begrüßen.
Sein besonderer Grüß erging an die Referentin des Abends, Weinfreundin und Vorstandsmitglied Frau Dr. Manuela Schäfer.
Die Referentin hat selbst einen familiären Bezug zu Wein und hat sich im Laufe der Jahre ein umfangreiches Wissen im Themenfeld Wein angeeignet. Sie ist anerkannte Beraterin für deutschen Wein und nach Kursen an der San Franzisco Wine School auch international zertifiziert als Certified Specialist of Wine.
Ihr Interesse an Philosophie entdeckte sie während ihres Studiums an der TU Kaiserslautern. Denn durch die „Philosophiesplitter für das Management“ von Prof. Heiner Müller-Merbach wurde ihr die Relevanz philosophischer Fragestellungen im alltäglichen Handeln bewusst. Dieser Transfer philosophischere Konzepte in die Praxis war auch die Leitlinie für diesen Vortrag mit Bildern.
Zunächst aber durften die Gäste einen Begrüßungssekt Riesling & Gewürztraminer Brut aus der Sektkellerei Deidesheim-Pfalz, genießen.
Die Referentin faszinierte nun das Publikum mit ihrem profunden Wissen über Immanuel Kant, der nachweislich dem Wein nicht abgeneigt und für ihn ein berauschendes „Genießmittel“ war.
Die nun vorgestellten „7 Facetten“ beleuchteten Kant als Gastgeber, Genießer, Anthropologe, Wissenschaftler, Visionär und Patient. Das Publikum erfuhr, dass Kant eine ablehnende Haltung zum Weingenuss bei Frauen zeigte, seine Tischgesellschaften bestanden ausschließlich aus Männern. Der Weingenuss diente ihm als Katalysator zu anregenden Gesprächen.
Kant, der mit seiner „Kritik der reinen Vernunft“ einen Wendepunkt in der Geschichte der Philosophie markierte, trank wohl gerne ein Glas Weißwein aus Grünstadt. Obwohl er nie in der Pfalz war und Ostpreußen niemals verlassen hat, schätzte der Philosoph den Wein, den er bei seinen legendären Tischrunden einschenken ließ.
Der Vortrag gliederte sich in 4 Teile, in denen während kurzer Pausen folgende vier Paarproben verkostet wurden:
2020er Riesling trocken vom Wgt Otto Grün Grünstadt/Pfalz – 2020er Riesling & Gewürztraminer (Gemischter Satz) trocken vom Wgt Pflüger Pfalz.
2022er Riesling & Gewürztraminer (Gemischter Satz) trocken vom Wgt Knipser Laumersheim/Pfalz – 2023er Trad. Pfeddersheimer (Gemischter Satz) trocken von der Weinschmiede Dirk Wendel Rheinhessen.
2023er Historischer Rebensatz von Wgt Baron Knyphausen Rheingau – 2022er Altfränkischer gemischter Satz trocken vom Wgt Bickel-Stumpf Franken.
2022er Riesling & Gewürztraminer (Gemischter Satz) lieblich vom Wgt Wick Pfalz – 2022er Riesling & Gewürztraminer (Gemischter Satz) süß vom Wgt Daniel Anker Mosel.
Die Referentin visualisierte im Laufe ihres Vortrags viele Bilder, Fotos und Diagramme auf die Leinwand, wie z.B. die Kopie eines Gemäldes, das Kant in einer
Tischrunde zeigt. In den oft mehr als 3-stündigen Tischrunden, in denen er die unterschiedlichsten Meinungsvertreter versammelte, wurden mindestens drei üppige Gänge aufgetragen, während er nur eine Mahlzeit, das Mittagessen zu sich nahm. Gutes Essen und belebende Konservation sollten Hand in Hand gehen, selbstverständlich einhergehend mit einer ordentlichem Weinverkostung. Die Anzahl der Speisenden sollte nicht größer als die Zahl der Musen (9) und nicht kleiner als die der Grazien (3) sein, also jemand der eine „Kritik der kulinarischen Vernunft“ plane, führe nie mehr als 6 Gedecke in seinem Haushalt.
Obwohl Kant kein ausführliches Werk über den Wein verfasste, lassen sich aus seinen Schriften interessante Erkenntnisse zum Weingenuss gewinnen. So hat sich Kant unter anderem zur sensorischen Wahrnehmung über die Sinne geäußert oder darüber, was es heißt, mit der Bewertung eines Weines ein Urteil zu fällen. Der Vortrag setzt Kants philosophische Schriften in Verbindung mit dem Genuss von Wein und eröffnet die Gelegenheit, auf eine neue, unerwartete Weise sowohl über Kants Philosophie als auch über Wein nachzudenken, insbesondere, da auch Entwicklungen aus der Weinsensorik betrachtet werden bis hin zum Einsatz von künstlicher Intelligenz.
Dr. Manuela Schäfer erläuterte dem Publikum die Eigenschaften eines „Gemischten Satzes“, der zu Kants Zeit üblich war: Im Gegensatz zur Cuvée, die zwar auch aus mindestens 2 Rebsorten verifiziert wird, sind beim gemischten Satz die Rebsorten in einem Weingarten zusammen angebaut worden, werden dann zusammen gelesen, gekeltert und vergoren. Dieser Weinbau hat auch Vorteile hinsichtlich bei Ernteausfällen einzelner Rebsorten, da eine unterschiedliche Anfälligkeit für Krankheiten besteht. Die Spielart des „Gemischten Satz“ z.B. für die ehemalige freie Reichsstadt Pfeddersheim ergab sich aus den vier Rebsorten Silvaner, Gewürztraminer, Riesling und Spätburgunder.
Für Kant sind von den fünf Sinnen der Organempfindung nur drei für den Weingenuss relevant, nämlich Sehen, Riechen und Schmecken.
Das Prinzip des sensorischen Urteils besteht aus Sinneseindruck + Erfahrungs-Basierte Kategorisierung = Beschreibung/Begriff. Kant hielt den Geruchsinn bei der Verkostung entbehrlich, wäre aber sofern wichtig, dass keine fauligen Sachen konsumiert werden. Nur durch viel Übung würde jemand zu einem besseren Weinkenner. Zum Kennenlernen von verschiedenen Aromen (wie schmeckt z. B. eine Maracuja) brachte die Referentin nun die „Aroma-Bar zum Riechtraining“ ins Spiel. Jeder, der über das nun gezeigte „Aroma-Rad für Rot- und Weißwein einen Wein bewerten sollte, müsse eigentlich zu einem gemeinsamen, gleichen Ergebnis kommen? Die Referentin bewies aber, dass dies nicht unbedingt so sein müsse. Aber es wäre interessant, wie denn eine Künstliche Intelligenz (KI) einen Wein bewerten würde.
Das verblüffte Publikum erfuhr nun anhand von Dokumentationen, dass es dies tatsächlich schon mehrfach gegeben hat. Im Magazin Wein plus vom 16.03.2023 heißt es z.B.: KI zeigt Leistung auf menschlichem Niveau: ChatGPT besteht theoretische Prüfung zum Master Sommelier.
Aber zurück zu Immanuel Kant! Als er am 12.02.1804 im Alter von 79 Jahren starb, waren angeblich seine letzten Worte: Es ist gut. Auch hätte er dabei noch einen Löffel Wein zu sich genommen.
Dr. Manuela Schäfer beendete unter großem Beifall des Publikums ihren interessanten und bemerkenswerten Vortrag.
Werner Gradinger dankte der Referentin, allen Protagonisten und Helfenden, die sich für den Ablauf der gelungenen Veranstaltung verdient gemacht haben. Sein Dank galt auch Vera Berdes für die tolle Tischdekoration und den beiden Damen des Gesangvereins, die sich für den Ausschank der Weine verantwortlich zeigten. Nach einigen Hinweisen auf die nächsten Veranstaltungen dankte er auch den Gästen und wünschte allen einen guten Nachhausweg.