Pfeddersheim – historische Stätte des Weinbaus

von Felix Zillien

25. Mai 754 – Urkundliche Ersterwähnung von Pfeddersheim

Mit der Geschichte von Pfeddersheim ist die Geschichte des örtlichen Weinbaus sehr eng verbunden. Die erste urkundliche Erwähnung von Pfeddersheim trägt das Datum 25. Mai 754. Es war die Zeit des fränkischen Königs Pippin, als der Bischof Chrodegang von Metz der Abtei Gorze in der Nähe von Metz verschiedene Güter verlieh bzw. schenkte, darunter auch „…illam basilicam que est in Paterno villa constructa…“, also die Kirche, die in Pfeddersheim erbaut ist…“.
 

In dieser Urkunde ist ebenso erwähnt, dass Bischof Chrodegang der Abtei Gorze auch den „Weinzehnten von Pfeddersheim“ schenkte („…et illam decimam de vino…“) Damit ist nachgewiesen, dass vor inzwischen 1257 Jahren der Weinbau in Pfeddersheim eine so große wirtschaftliche Bedeutung hatte, dass aus seinem Ertrag als Abgabe an die Kirche der so genannte Zehnte abgeführt werden konnte.
 
Dies ist allerdings keineswegs die „Geburtsurkunde“ für Pfeddersheim und seinen Weinbau. Beide haben eine weiter zurückliegende Geschichte, die allerdings nicht durch urkundliche Erwähnungen dokumentiert ist. So wissen wir, dass bereits die Römer in ihrem linksrheinischen Territorium entlang der Römerstraßen die ersten Reben anpflanzten, so beispielsweise auch entlang der Straße, die von Straßburg (Argentoratum) über Worms (Borbetomagus) nach Mainz (Moguntiacum) führte. Römische Straßen führten hier bei uns durch das Pfrimmtal und eine weitere auf dem Höhenrücken zwischen Pfeddersheim und Horchheim bzw. Heppenheim, also zwischen dem Pfrimmtal einerseits und dem Eisbachtal andererseits.

Auch in weiteren Urkunden und Dokumenten finden wir vielfältige Hinweise auf den Weinbau in Pfeddersheim. Diese sollen nachfolgend erwähnt werden, ohne allerdings den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Wein-Schenkungen in Lorscher Urkunden

So erwähnt der bedeutende Weinhistoriker Friedrich von Bassermann-Jordan in seinem Standardwerk „Geschichte des Weinbaus“ (1906 und erweitert 1923) Pfeddersheim als „berühmten kurpfälzischen Weinort bei Worms“. Dabei bezieht er sich auf eine Weinbergsschenkung unter Pippin mit dem Datum vom 1. März 765. die in einer Urkunde des Klosters Lorsch belegt und auch im „Urkundenbuch der Stadt Pfeddersheim“ von Professor Daniel Bonin aus dem Jahre 1911 enthalten ist. Darin heißt es unter anderem: „..Im Namen Christi, am ersten Märztag, im 14. Jahr der Regentschaft von Pippin, schenke ich, Rotmundus, dem heiligen Märtyrer Nazarius den Wein aus dem Ort Phetersheim bei Worms.“

Eine weitere Urkunde aus dem Kloster Lorsch vom 30. April 765 berichtet ebenfalls über eine Wein-Schenkung einer „Hildrada von Phetersheim zu Ehren des hl. Nazarius“.
Nazarius ist um 304 gestorben/getötet worden. Er war ein römischer Soldat, der zum Christentum übertrat und gemeinsam mit seinem Schüler Celsus in Gallien, Italien und im Trierer Raum als Glaubensbote wirkte. Im Zusammenhang mit den Christenverfolgungen zur Zeit von Diokletian starben beide wohl den Märtyrertod.

Nazarius wurde als Schutzpatron der Kinder verehrt. Seine Gebeine bzw. Reliquien wurden seit dem 8. Jahrhundert im einstigen Kloster Lorsch aufbewahrt. Noch heute steht die katholische Kirche zu Lorsch unter dem Patronat von St. Nazarius.

Die gläubigen Christen legten großen Wert auf den Segen des Hl. Nazarius über ihre Nachkommenschaft. So ist es erklärbar, dass in jener Zeit auch Landwirte und Winzer zum Segen ihrer Kinder dem Hl. Nazarius Verehrungen widmeten, hoffend, dass dadurch die Nachfolge in den land- bzw. weinbaulichen Betrieben gewährleistet sei.

Erstmalige Benennung eines Flurnamens

Eine ortshistorisch aufschlussreiche Urkunde des Klosters Lorsch datiert vom 1. Juli 774, in der es unter anderem heißt :…viniam, quam ille nobis tradidit in Phetersheim in Oempere…“. Es ist wiederum eine Schenkungsurkunde zur Ehre des hl. Nazarius. Hierbei erscheint erstmals eine Angabe über einen Flurnamen in der Gemarkung Pfeddersheim, nämlich „in Oempere.“ Dieser Flurname wird auch in späteren Urkunden öfters in abgewandelter Schreibweise wie „Hoenberg“ und „Hohenberg“ erwähnt.

Mit dieser Lagebezeichnung dürfte sehr wahrscheinlich die heutige Weinbergslage „Hochberg“ gemeint sein, womit zugleich ein Hinweis dahingehend möglich erscheint, dass diese Weinbergslage auf der Anhöhe nordöstlich von Pfeddersheim Richtung Leiselheim wohl zu den besonders frühen weinbaulich genutzten Gemarkungsbereichen von Pfeddersheim gezählt werden kann.

Unter den vielen weiteren urkundlichen Erwähnungen über den Pfeddersheimer Wein bzw. Weinbau ist die vom 13. November 1333 herauszustellen. Vor den Richtern der Wormser Kurie machten zugunsten des Klosters Schönau die aus Pfeddersheim stammenden Geschwister Cuno (Edelknecht), Gysela und Agnes eine Schenkung von Gütern in Pfeddersheim, darunter auch das von ihnen bewohnte Haus neben der Pfauenpforte in Worms.

In dieser Urkunde ist außerdem ein „Bezugsrecht für Wein aus Pfeddersheim“ erwähnt, wobei interessanter Weise dieser Wein mit „…franconici vini…“ beschrieben wird, womit ein Wein fränkischer Sorte gemeint war, der offensichtlich wegen seiner ausdrücklichen Erwähnung von besonderem Wert gewesen ist. (Zitat: Von einem ganzen und halben Wein fränkischer Sorte.)

Anmerkung: Das Zisterzienser-Kloster Schönau im Odenwald bei Heidelberg wurde 1142 vom damaligen Bistum Worms gegründet und im Zuge der Reformation anno 1558 aufgelöst. Es hatte enge Beziehungen zu Worms und naher Umgebung.

Pfeddersheimer Weinmaß

Nicht minder interessant ist die Urkunde vom 7. März 1456, denn hier wird ausdrücklich ein Pfeddersheimer Weinmaß genannt.
Hierzu muss erwähnt werden, dass mit Verfügung durch König Wenzel vom 1. März 1379 Pfeddersheim die Marktrechte verliehen wurden. Damit waren bestimmte Marktordnungen für die Verkäufer von Waren, heute würde man sagen „Marktbeschicker“, verbunden. So gab es die Vorschrift, dass ganz bestimmte Maße und Gewichte für die Händler, die in Pfeddersheim auftraten, verpflichtend wurden. In der erwähnten Urkunde ist ein Weinmaß genannt, nämlich „ein halbes Fuder lauteren Weins als Pfeddersheimer gemessenes Kaufmannsgut“! Die Stadt Pfeddersheim besaß hierfür eine „ständige Eich“, also eine Maßeinrichtung für Weinkannen der Wirte und Einwohner. Das Gericht zu Pfeddersheim „beschüttete“ nach altem Brauch jeweils am Donnerstag vor dem Jahrmarkt das Weinmaß und prüfte es so nach.

Ein Fuder waren damals 6 Ohm, ein Ohm umfasste 20 Viertel, ein Viertel hatte 4 Maß und ein Maß waren 4 Schoppen. Wenn man das zusammenzählt, hatte ein Fuder 1920 Schoppen.

Anmerkung: Ursprünglich war der Pfeddersheimer Markt am Sonntag vor Remigius = 1. Oktober bis zum Jahr 1618. Auf Bitten der Pfeddersheimer Bürgerschaft verlegte Pfalzgraf Friedrich diesen Termin auf den 15. August um Maria Himmelfahrt; so ist es bis heute geblieben.

Bauernkrieg 1525 und der Weinbau

Der Pfeddersheimer Weinbau wird auch im Zusammenhang mit der hier stattgefundenen Bauernschlacht vom 23. bis 24. Juni 1525 erwähnt. So geht aus einer Schilderung hervor, dass die Fußsoldaten des kurpfälzischen Marschalls Wilhelm von Habern und des Obersten Hauptmanns Schenk Eberhard von Erbach auf dem Höhenrücken nördlich der Pfeddersheimer Ortslage – also dort, wo einst das Georgenbergkloster gestanden hat – nur langsam vorankamen, weil sie sich durch ein dichtes Geflecht von Rebanlagen ihren Weg bahnen mussten.

Denn die dort vorhandenen Weinberge waren im so genannten „Kammerbau“ angelegt, indem die Längsreihen der Reben durch Querbalken in Quadrate = Kammern abgeteilt waren, die von den anrückenden Soldaten mehr oder weniger mühsam überwunden werden mussten.

Detailansicht von Pfeddersheim

Rieslingurkunde von 1511

Eine ähnliche urkundliche Verpfändung zugunsten einer Gülte von ½ Gulden an die Sankt Sebastianbruderschaft zu Pfeddersheim von Martini 1511 zählt einen Acker, zwei Wingerte ohne Sortenangabe, einen roten Wingert und schließlich „Item ein halben morgen rissling wingart im Funtdaill“ auf. Auch in dieser Urkunde, die neben der Größe ebenso die Lage bezeichnet, kann auf einen sortenreinen Rieslingbestand geschlossen werden, weil drei weitere Weinberge in dieser Urkunde ohne Sortenangabe erwähnt wurden.

Das Pfeddersheimer Ehepaar Philipp Meyer und Frau Else verpfändete an die örtliche Bruderschaft Sankt Sebastian unter anderem diesen Rieslingwingert. Diese Bruderschaft war in jener Zeit in wiederholten Fällen „Geldausleiher“. Als Sicherheit wurde Land (Acker, Garten- und Rebland) als Pfandobjekt bereitgestellt.
Ortsgeschichtlich ist die Pfeddersheimer Rieslingurkunde von 1511 auch deshalb besonders interessant, weil die darin erwähnte Flurlage „im Funtdaill“ heute noch als Lagenamen „Im Fohndel“ im Kataster eingetragen und örtlich genau bekannt ist. Diese Gemarkungslage wird bis auf den heutigen Tag weinbaulich genutzt. Schon 1401 wurde die Lage „im Funndaill“ erstmals urkundlich nachgewiesen, später erneut im Jahre 1441 sowie mit namentlichen Abwandlungen „im funthal“, „im fontel“, „im fohntaal“ in den Jahren 1512, 1517 und 1680. Der Flurname wird als Verkleinerungsform vom mittelhochdeutschen „Fontane“ bzw. „Funtane“ (= Quelle) abgeleitet und die Bezeichnung „Fohndel“ als Quellchen übersetzt. Dies ist deshalb nahe liegend, weil einst im unteren Talbereich ein Bächlein verlief.

Auch heute befinden sich in der Lage „Im Fohndel“ nach 500 Jahren seit der Ersterwähnung immer noch Weinberge der Rebsorte Riesling. Damit existiert möglicherweise in Pfeddersheim die älteste, noch erhaltene Rieslinganlage Deutschlands. Vor diesem Hintergrund errichteten die Pfeddersheimer Winzer in dieser Flurlage ein Schild-Denkmal mit einigen Schriftzeilen aus der Urkunde von 1511.

Pfeddersheimer Rieslingurkunde vomm 11.11.1511. In der 14. und 15. Zeile steht der Satz: „Item ein halben morgen rißling wingart im Funtaill zeucht osten und westen…“ (heute Stadtarchiv Worms M 25023)

30-jähriger Krieg und der Wein – weitere Hinweise zum Pfeddersheimer Wein

Nach dem 30jährigen Krieg (1618 – 1648), durch den auch den Weinanbaugebieten großer Schaden zugefügt wurde, setzte ein intensiver Wiederaufbau der Rebanlagen ein. Dies galt auch für Pfeddersheim. Dies belegt ein Dokument aus dem Jahre 1655 in lateinischer Sprache:
„…Montes ipsi generosissimum producunt vinum…ut nihil de celeberrimis aliis locis dicam, oppido Pfedersheim et Baccaraco, mutuo de vini praestantia et copia certantibus cunctis Germaniae locis palmam referntibus…“
was frei übersetzt bedeutete:
“..selbst bergige Lagen produzieren edelsten Wein…nichts anderes sagt man von berühmten Orten wie etwa von der Stadt Pfeddersheim und Bacharach, die sich wechselseitig um die Vortrefflichkeit des Weins und der Wahl von bewährten Reben mit anderen Orten Germaniens bemühen…“

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts, und zwar exakt aus dem Jahre 1709, finden wir weitere literarische Quellen über den Pfeddersheimer Wein. So wird in dem „Sentiment von der Fürtrefflichkeit des Rhein-Weins“ (Magdeburg 1709) über Weine „ersten Ranges“ mehrerer Orte berichtet. Dabei ist die Rede vom Wein aus Hochheim (Main), vom Rheingauer bis zum Rauenthaler, mit dem Hinweis, dass der Pfeddersheimer ihnen „beykommet“.

Im Universal-Lexikon von Zedler aus dem Jahre 1747 ist nachzulesen, dass es unter den Rheinischen Weinen größere Unterschiede gab. Zu den „allerbesten“ Weinen zählten nach dieser Darstellung die Bacharacher, Hambacher, Pfeddersheimer, Hochheimer und Rheingauer.

Und genau 50 Jahre später – also im Jahre 1797 – heißt es in einer alten Abhandlung über die „Geschichte und Erdbeschreibung von Pfalz-Bayern“, dass der Export von Wein „in die entferntesten Länder“ deutlich zugenommen habe. Dabei werden unter anderen die „Gewächse von Pfeddersheim und Osthofen im Oberamt Alzey“ besonders hervorgehoben.

Rebenzuchtstation in Pfeddersheim – Georg Scheu

Es gibt noch einige Hinweise auf den Pfeddersheimer Wein aus dem 19. Jahrhundert. Wir unternehmen jetzt aber einen zeitlichen Sprung bis ins Jahr 1909, als die ersten Rebschulen in Rheinhessen gegründet wurden, so auch hier in Pfeddersheim. Und diese Pfeddersheimer Rebschule wurde von keinem geringeren als von dem bedeutenden Rebenzüchter Georg Scheu unter der damaligen Hessischen Landwirtschaftskammer im Jahre 1920 zur zentralen Rebenzuchtstation für Rheinhessen ausgebaut.

In einer Denkschrift von 1916 hatte sich Georg Scheu für den Standort Pfeddersheim ausgesprochen. Wie sich diese Rebenzuchtstation unter Georg Scheu entwickelte, beweist kaum besser ein Pressebericht aus der „Pfälzischen Rundschau“ vom 17. Oktober 1929 mit der Überschrift „Ein Beispiel für die Pfalz“, den wir nachfolgend zitieren:

„In Pfeddersheim, nahe der pfälzischen Grenze, befindet sich eine große Rebenzuchtanstalt, die der Hessischen Landwirtschaftskammer untersteht. Sie wird von Weinbaudirektor Georg Scheu geleitet. Die Erfolge, die im Laufe der Jahrzenhnte in dieser Anstalt erzielt worden sind, sind staunenerregend. Wer hätte gedacht, dass die Sylvaner-Selektion unseres Pfälzers Froelich in ihrem Ertrag noch ganz bedeutend gesteigert werden könnte und dennoch hat dies Scheu fertig gebracht. Noch mehr staunt der Winzer, dass auch Riesling – Selektionen erzielt worden sind, die den Ertrag des Sylvaners noch weit übertreffen. Ganz besonders in die Augen springend sind aber die Pfeddersheimer Selektionen der Müller – Thurgaureben. Man muß wirklich nicht erst nach Baden fahren, um die Hybriden zu betrachten, wenn man einmal einen besonders gut behangenen Weinberg sehen will. Wie die Klötze hängen die Trauben an dieser neuen Rebsorte. Fast täglich wandern ganze Winzervereine und Interessentenkolonnen nach Pfeddersheim, um die Anlagen zu bewundern. Interessant und lehrreich sind die Vorträge, die in den Zuchtgärten vor den Zuchtergebnissen und gerade jetzt vor den reich behangenen Stöcken gehalten werden. An den Besuchsgang in Pfeddersheim schließt sich gewöhnlich noch eine kleine Weinprobe an, wo dann die Weine aus den Sylvaner- und Rieslingzüchtungen, insbesondere auch die der Müller – Thurgaurebe, die ja für uns noch eine Neuheit ist, vorgeführt werden. Man hat überhaupt den Eindruck, als wenn unser Nachbarland Hessen sich bezüglich des Weinbaus außerordentlich große Mühe gäbe“.

Und dieser Zeitungsbericht vor inzwischen 81 Jahren schließt mit der Frage: „Unwillkürlich fragt man sich als Pfälzer, warum gibt es so etwas nicht in der Pfalz?“ Der Berichterstatter fordert die Leser gerade zu herausfordernd auf: „Man gehe nach Pfeddersheim und sehe sich diese Erfolge an!“

Im Doppel-Jubiläumsjahr 2009 aus Anlass des 120. Geburtstages und des 60. Todesjahres von Georg Scheu stiftete der „Orden der Freunde des Pfeddersheimer Weins“ eine Gedenktafel am Anwesen Heinz Wendel im alten Ortskern, wo Georg Scheu Versuchsweine und Rebsetzlinge lagerte, sowie eine textliche Erläuterung zum Straßenschild der Georg-Scheu-Straße nahe bei der Bergschule.

Rebflächenentwicklungen

Abschließend wollen wir noch einen kleinen Blick richten auf die Entwicklung der Rebfläche in der Pfeddersheimer Gemarkung seit den letzten 200 Jahren, um darzustellen, dass alles eine Entwicklung – sozusagen ein historisches Auf und Ab – hat: Von 20 Hektar im Jahre 1810 ist die Pfeddersheimer Rebfläche im Jahre 2010 auf rund 240 ha angewachsen, das heißt also, in exakt 200 Jahren vergrößerte sich die Rebfläche um 220 Hektar!

Es gab mal eine Zeit des so genannten „Reichsnährstandes“ in den 1930er Jahre, da lautete die Devise: „Wo der Pflug kann gehen, darf kein Rebstock stehen!“ Während dieser Zeit betrug die Pfeddersheimer Rebfläche etwa 60 ha.

Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass die geringe Rebfläche vor 200 Jahren das Ergebnis vorangegangener Notzeiten gewesen ist. Etwa um die Zeit 1525 war die Rebfläche in Pfeddersheim rd. 140 ha groß. Davon befand sich über die Hälfte im Besitz kirchlicher Institutionen (Klöster, Stifte in Worms und Umgebung bis hin nach Lorsch, Metz und Schönau) sowie adliger Herrschaften (Junker von Wachenheim, Jost von Bechtolsheim, Werner von Mönchingen, Junker Eberhard Vetzer von Geispitzheim, Junker Wolf Dalberg zu Herrnsheim, Schlüchterer von Erfenstein u.a.). Diese kirchlichen Institutionen und Adelsgeschlechter legten wegen der damit verbundenen Einnahmequellen großen Wert auf die Güte und Qualität des Weins und betrieben für die damalige Zeit schon einen fachmännischen Weinbau einschließlich einer guten Kellertechnik. Demgegenüber dürften die relativ kleinen Weinbaubetriebe der Pfeddersheimer Bürgerschaft jener Zeit geringere Weine produziert haben. Man kann davon ausgehen, dass durch die Kirchen und adligen Herren der Pfeddersheimer Wein in der näheren und weiteren Umgebung einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hatte.

Die späteren Notzeiten, die mit dem Bauernkrieg (1525) einsetzten und sich im 30jährigen Krieg (1616-1646) und nicht zuletzt im verheerenden Erbfolgekrieg (1685-1697) fortsetzten, fügten dem Weinbau sehr großen Schaden zu. Das bezieht sich auch auf die Einwohnerzahl: Hatte Pfeddersheim um 1525 etwa 900 Einwohner, war die Zahl nach dem Erbfolgekrieg auf knapp 100 geschrumpft. Viele Bürger bzw. Einwohner von Pfeddersheim flüchteten überwiegend auf rechtsrheinisches Gebiet, so dass die Ländereien – nicht zuletzt die Rebflächen – regelrecht „vergammelten“. Es dauerte recht lange, bis sich Pfeddersheim von diesen Notzeiten allmählich erholt hat. In diesem Zusammenhang erließ man zuziehenden Neubürgern für die Dauer von 10 Jahren steuerliche Abgaben, um ihnen Anreize zum Bau neuer Häuser zu bieten.

Auch während der französischen Besetzung (1793-1815) im einstigen Departement Donnersberg und in den nach geordneten Kantonalstädten – so auch in Pfeddersheim – ergingen bezüglich des Weinbaus restriktive Maßnahmen. Dies alles erklärt die geringe Rebfläche von lediglich 20 ha im Jahr 1810, die einer Statistik des Departments Donnersberg entstammt.

Nach allem gilt die abschließende Feststellung, dass der Pfeddersheimer Weinbau eine weit zurückreichende Geschichte hat. Daraus erwachsen der Wunsch und die Verpflichtung, den guten Ruf des Pfeddersheimer Weins in Gegenwart und Zukunft zu pflegen und weiterhin zu fördern.