Weinkolleg Historische Rebsorten 2.9.2023

Weinkolleg mit historischen Rebsorten
Anstatt mit historischen Personen und Begebenheiten, wie zum Beispiel den Reformator Martin Luther oder dem Wormser Konkordat, befasste sich der Weinorden Pfeddersheim in diesem Weinkolleg mit der Degustation von Weinen historischer Rebsorten.
Zugegeben, der Vorsitzende Werner Gradinger hätte sich gerne eine etwas größere Resonanz für dieses Event gewünscht, aber diejenigen, die sich auf den Weg zum evangelischen Gemeindehaus in Pfeddersheim gemacht haben, kamen voll auf ihre Kosten und sollten ihre Teilnahme an dieser anspruchsvollen Weinprobe nicht bereuen.
Mit einem herzlichen Vivat Paterna – Vivat Vinum begrüßte er seine Gäste, das Ehrenmitglied Felix Zillien, sowie Weinfreund und Weinexperte Thomas Peters, der die Weine kompetent vorstellen und geschmacklich bewerten sollte. Werner Gradinger übernahm die Erläuterung der Geschichte und Ursprünge der acht angebotenen Weine des Winzers und Rebveredlers Ulrich Martin aus Gundheim.
Jede historische Rebsorte trägt ihren ursprünglichen, geschichtlich und kulturell verankerten Namen. In der Vergangenheit gab es zahlreiche Verwechslungen bei der Identifikation und Bestimmung dieser wiederentdeckten Weinreben. Dies kann durch die Vergabe der Ursprungsnummer (Ursprungsnachweis) ausgeschlossen werden.
Wissenschaftliche Recherchen belegen das Alter einiger der uralten Rebsorten auf über 8000 Jahre. Historische Rebsorten sind ein Spiegel der Vergangenheit.
Gut 350 vergessene Rebsorten wurden bei einer staatlich finanzierten Suche zwischen 2007 und 2010 in ganz Deutschland wiederentdeckt.
Partner im Projekt „Historische Rebsorten“ sind der Geobotaniker, Völkerkundler und Ampelograph, Andreas Jung aus der Pfalz und Ulrich Martin von der gleichnamigen Rebschule in Gundheim.
Mit diesen historischen Rebsorten steht eine neue Geschmacksvielfalt und genetische Breite zur Verfügung, was auch züchterisch spannend ist. Über den langen Zeitraum von über 5000 Jahren haben die alten Rebsorten so einige Klimawandel erlebt und können so auch gut mit ihrer Zukunft umgehen.
Bei der nun folgenden Weinverkostung von 2022er Grünfränkisch feinherb, 2021er Grünfränkisch trocken, 2022er Schwarzblauer Riesling Rose` trocken, 2020er Schwarzurban trocken, 2020er Süßschwarz trocken, 2020er Schwarzblauer Riesling trocken, 2020er Fränkischer Burgunder trocken sowie 2019er Hartblau trocken integrierte Thomas Peters sein Publikum hinsichtlich der Wahrnehmung und Kommunikation von Duft – und Geschmackserlebnissen mit ein, um diese dann mit seinen eigenen Sinneseindrücken zu vergleichen und zu ergänzen.
Dabei schlug er für jeden Wein ein passendes Menü vor, nach der Devise „Was im Essen vorkommt, soll auch im Wein vorkommen“. „Schwere Speisen – kräftiger Wein, leichte Speisen – leichter Wein“.
Die angebotenen Weine lagen durchweg auf einem sehr hohen Niveau von Geruchs- und Geschmackskomponenten und kamen bei den Teilnehmenden sehr gut an.
Diese, wie auch Thomas Peters fragten sich: Wieso konnten solche historischen Rebsorten überhaupt verschwinden?
Dazu erläuterte Werner Gradinger, es sei vorstellbar, dass bis vor 150 Jahren die nun wiederentdeckte Sortenvielfalt in den deutschen Weinbergen heimisch war. Mehltau- und Reblauskrise, verbunden mit zwei Weltkriegen, eine politische Gesinnung, eine hungernde Bevölkerung und neue Anbaumethoden könnten den früheren Sortenreichtum in kürzester Zeit aus den Weinbergen dezimiert haben.
So ging eine jahrtausendalte, klimaerprobte Sortenvielfalt in nur einem Jahrhundert verloren. Es handelt sich um Zeitzeugen vergangener Kulturepochen mit einer regionalen Identität. Diese wertvollen Funde sind unser weinbauliches Kulturerbe.
Mit dem Genuss von Weinen aus historischen Rebsorten sind wir sozusagen „Archäologen“ der Weinaromen.
Mit dem Versprechen, nochmals eine Degustation mit weißen historischen Rebsorten anzubieten, verabschiedete Werner Gradinger seine Gäste mit Hinweisen auf die nächsten Veranstaltungen.
Abschließende Dankesworte richtete er an alle Protagonisten und Helfer, die sich für die Gestaltung und Abwicklung dieser gelungenen Veranstaltung verdient gemacht hatten, vor allem aber an Thomas Peters, Geo Streuber, Vera Berdes für die passende Dekoration sowie den Verantwortlichen der evangelischen Kirchengemeinde.
Peter Behringer